»Gute Renditen mit Wohn- und Geschäftshäusern«

Immobilien Zeitung vom 14.01.2016 // von Martina Vetter

Sahneschnittchen zu Schnäppchenpreisen

Die Zeiten, in denen lokale Akteure sich bei Immobilienverkäufen in der thüringischen Landeshauptstadt die Sahneschnittchen zu Schnäppchenpreisen einverleiben konnten, sind vorbei. Erfurt gerät zunehmend wieder in den Blick von Anlegern aus West und Ost und die Preise steigen.

Kaum Leerstand, eine kontinuierlich wachsende Einwohnerzahl, eine intakte mittelalterliche Altstadt mit einem Gürtel aus schmucken Gründerzeithäusern drum herum und nur wenige Bausünden aus DDR-Zeiten im Zentrum der Stadt: Die äußeren Rahmenbedingungen für Anlageinvestoren in der thüringischen Landeshauptstadt sind bestens. Zumal in Erfurt trotz gestiegener Preise noch immer günstig eingekauft werden kann. Um die 1.200 Euro/m2 kostet ein saniertes Mehrfamilienhaus in mittlerer, innerstädtischer Lage. "Vor fünf Jahren lag der Preis für ein solches Objekt noch bei 850 Euro/m2", sagt Stefan Oschinski, Leiter des Bereichs Wohn- und Geschäftshäuser bei Engel & Völkers Commercial in Erfurt. Im vergangenen Jahr erreichte der Kaufpreis für Zinshäuser das 13- bis 19,5fache der erzielbaren Nettokaltmiete. Und das Team von Oschinski konnte sogar ein Objekt für den Multiplikator 21 verkaufen.

Aber auch wenn Anleger inzwischen mehr Geld hinblättern müssen, um eines der hübschen Renaissancehäuser oder einen Gründerzeitbau zu ergattern, lassen sich in Erfurt stabile Renditen von im Schnitt 6% erzielen. Der Grund dafür sind die ebenfalls seit Jahren kontinuierlich gestiegenen Mietpreise. Die Spitzenmieten für Wohnungen in sehr guter Lage liegen dem Marktbericht von Engel & Völkers zufolge bei um die 10 Euro/m2. In den rar gesäten hochwertigen Neubauvorhaben in der Innenstadt, wie den Schottenhöfen, werden sogar bis zu 13 Euro/m2 verlangt. Und Thomas Montag, der seit 1996 das Portal Vermietung-Online in Erfurt betreibt, weiß sogar von Objekten, in denen 14 Euro/m2 aufgerufen werden.

Diese Spitzenwerte liegen jedoch weit entfernt von dem, was nach der Erfahrung von Montag in sanierten Objekten in normaler Lage erzielbar ist. Dort werden ihm zufolge zwischen 6,50 und 8 Euro/m2 gezahlt. Auf dem Niveau von um die 8 Euro/m2 werden sich die Durchschnittsmieten in der Domstadt mittelfristig einpendeln, schätzt Montag, der selbst einige Zinshäuser in Erfurt besitzt und sich auch für Dritte um die Vermietung von Wohnungen kümmert. Höhere Durchschnittsmieten hält Montag mit Blick auf die Einkommensverhältnisse der Erfurter nicht nachhaltig für erzielbar. Daran würde auch das kontinuierliche Bevölkerungswachstum, das seit einigen Jahren alle Prognosen übertrifft, nichts ändern.

Allein im vergangenen Jahr kletterte die Zahl der Bewohner Erfurts um 4.000 Menschen auf über 210.000. Die Stadt hat ihre Prognose zur Bevölkerungsentwicklung aufgrund der aktuellen Zuwächse erst kürzlich wieder angepasst und rechnet nun bis 2035 mit knapp 226.000 Einwohnern. Das wären 2.000 Menschen mehr, als Erfurt 1990 hatte. In den Jahren nach der Wende hatte die Stadt trotz Eingemeindungen umliegender Kommunen wie alle ostdeutschen Großstädte starke Einwohnerverluste hinnehmen müssen. Doch die Zeit der Schrumpfung und des Rückbaus konnte Erfurt schon vor einigen Jahren hinter sich lassen. Das spiegelt auch die niedrige Leerstandsquote wider, die dem Verband der Thüringer Wohnungswirtschaft zufolge etwa 2% beträgt.

Die guten Rahmenbedingungen locken immer mehr renditeorientierte Kapitalinvestoren in die thüringische Landeshauptstadt. Fündig werden sie Oschinski zufolge in einfachen und mittleren Lagen wie der Johannesvorstadt oder im Stadtteil Ilversgehofen. Letzteres liegt nördlich der Innenstadt und ist von einer durchmischten gründerzeitlichen Bebauung geprägt. In den vergangenen Jahren hat sich das Quartier durch städtische Entwicklungsmaßnahmen und den wachsenden Sanierungsgrad gut entwickelt. Anders als in bereits etablierten Lagen rechnet Oschinski damit, dass in einfachen und mittleren Lagen die Mieten verhältnismäßig stärker ansteigen werden. Deshalb empfiehlt er Anlegern, lieber dort zu investieren.

Im kleinteilig geprägten Erfurter Markt kommen vor allem private Investoren zum Zuge. "Klassische Anleger in Erfurt sind zwischen 45 und 55 Jahre alte Selbstständige, die eines der für die Stadt typischen Mehrfamilienhäuser mit acht bis zehn Wohnungen zur Altersvorsorge erwerben", sagt Oschinski. Im Schnitt 542.000 Euro betrug das Objektvolumen pro Transaktion 2014 (Zahlen für 2015 liegen noch nicht vor). Viele, die sich vor 20 Jahren im Osten die Finger verbrannt hätten, würden jetzt wieder in Erfurt kaufen, hat Oschinski beobachtet. Wobei inzwischen ebenso viele Anleger aus den neuen wie aus den alten Bundesländern zu den Käufern zählen würden, während nach der Wende westdeutsche Anleger dominiert hätten.

Das wieder erwachte Interesse für Zinshäuser in Erfurt schmeckt Martin Kühn, Chef der ortsansässigen Softwarefirma NT und privater Immobilieneigentümer, nicht so richtig. "Erfurt ist unterschätzt und sollte es auch noch eine Weile bleiben", wünscht er sich und blickt etwas wehmütig auf die Jahre zurück, als lokale Akteure für wenig Geld echte Perlen ergattern konnten.

Mit freundlichen Grüßen

Ihre meroplan Immobilien GmbH


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